Mittendrin statt nur dabei – Die Rennradbörse Rommerskirchen 2015

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Als im August 2009 ein User namens Nickelbike im Rennradforum ankündigte, eine Rennradbörse für Material und Räder bis 1990 organisieren zu wollen, gab es direkt regen Zuspruch. Die virtuelle deutsche Sammlergemeinde hielt es für eine gute Idee, nach Vorbild der niederländischen Stalen Ros Börse alle Klassikerbegeisterten mal an einem Ort zusammen zu bringen. Am 16. Mai 2010 war es dann soweit, die Sonne lachte und 250 Besucher und Aussteller trafen sich im beschaulichen Rommerskirchen zu einer gelungenen Premiere. Schon am Tag danach gab es die Info, dass es eine Neuauflage der Veranstaltung geben würde.

Am 24. Mai 2015 versammelte sich zur mittlerweile 6. Ausgabe eine weitaus größere Sammlergemeinde vor der Alten Schule in Rommerskirchen-Nettesheim, immer mehr Menschen aller Altersklassen begeistern sich schließlich für klassische Renner. Auch wenn alles größer geworden ist, die Aussteller und Verkäufer sich immer weiter ausgebreitet haben, so ist es doch Nickelbike aka Thomas Busch und seinem Team, das im Wesentlichen aus seiner Familie und einigen Freunden besteht, gelungen, die wunderbar entspannte und familiäre Atmosphäre der ersten Ausgabe zu retten. Eine große Qualität, Danke dafür. Wir hoffen, das geht so weiter.

Wir von der Klassikerausfahrt waren ja von Beginn an als begeisterte Besucher und Käufer dabei, daher war die Freude groß, als Thomas Busch uns seinerzeit fragte, ob wir nicht zur Börse 2012 eine Ausfahrt am Samstag vor der Veranstaltung organisieren möchten. Ein Umstand, der den berühmten Rommerskirchener Hotel- und Gaststättenverband seither an die Grenzen seiner Übernachtungsmöglichkeiten gebracht hat. Mittlerweile werden vor Ort von bekannten Sammlern ganze Wohnungen angemietet oder kurzerhand gekauft, um Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen.

Der Samstag

Auch wenn wir mit leichter Verspätung an der Alten Schule ankamen, so gingen doch die Anmeldeformalitäten und Startnummernausgabe recht zügig voran, nicht zuletzt dank großartiger Unterstützung an der Sicherheitsnadelausgabe. Kaum umgezogen, mussten wir schon die erste schwerwiegende Entscheidung treffen: fast alle FahrerInnen stellten sich zur Abfahrt der Espresso-Gruppe auf, das entspanntere Cappuccino-Peloton wäre somit sehr klein geworden. Kurzerhand wurden die Gruppen vereint, wir gingen mit 70 FahrerInnen im Americano-Style ohne Milch auf die Strecke. Nach 43 Metern durfte das gesamte Grupetto kurz verweilen, ein Fahrer musste sein Gefährt noch zusammenbauen und selbst mit Startnummern versehen werden.

In beeindruckender Gruppengröße ging es anschließend im halbrasanten Bummeltempo über die Felder, erste aufkommende Lücken bestrafte der Gegenwind unbarmherzig, so dass einige Fahrer bereits beim Anstieg zum Kohlekraftwerk ordentlich leiden mussten. Die ersten Materialausfälle zeichneten sich ab, einige Fahrer mussten aussteigen. Weitere Pannen vielfältigster Art konnten unterwegs mit vereinten Kräften und tonnenweise Humor behoben werden. Das Hauptfeld erreichte schließlich geschlossen unsere Verpflegungsstelle, nur ein kleines Grüppchen traf aufgrund einer gerissenen Kette nach kurzer Aufholjagd mit Verspätung ein. Danke an alle Beteiligten, Helfer und vor allem an unseren Gastgeber auf der immer wieder tollen Raketenstation für die Unterstützung, ohne diese Hilfe wären unsere Ausfahrten so nicht möglich.

Auch wenn die anschließende Rückfahrt erstmal pannenfrei blieb, so ließ ein Sturz zum Ende der Tour den Tag leider etwas in Moll ausklingen. Da sich die Folgen in Grenzen hielten und der Betroffene definitiv nicht zu den Wehleidigen gehört, wurde die Stimmung beim abendlichen Grillen nicht getrübt. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang der Weltmeister im Rennradschieben, einer weitgehend unbekannten Disziplin. Geschwindigkeitsrekorde wurden am Abend lediglich dadurch unterbunden, dass der Fahrer am Unterrohrschalthebel nicht hochschalten konnte, da die dritte Hand fehlte.

Einigen Mitfahrern ist deutlich geworden, dass die Ausfahrt auf klassischem Material eine sportliche Herausforderung ist, die Training im Vorfeld benötigt. Auch wenn wir keine sonderlichen Anstiege bewältigen und 70 Kilometer für einen geübten Fahrer ein Klacks sind, so ist eine solche Strecke doch eine Kampfansage für alle, die nicht regelmäßig mit dem Renner unterwegs sind. Und was das Material betrifft, so sollte man halt mit einem Renner am Start sein, der erprobt und gewartet ist. Rares, dubioses, seltenes, originales und fragiles Material hat sicherlich seine Reize, doch diese offenbart es nicht unbedingt auf einer 70km-Ausfahrt mit Schotterstrecken und Schlaglöchern. Der Pragmatiker ist hier definitiv auf der sicheren Seite, es muss halt funktionieren.

Der Sonntag.


Während der Samstagnachmittag sich im schönsten Grau leicht unterkühlt präsentierte, ließ sich das Wetter am Sonntag zumindest ab Mittag nicht lumpen, knallblauer Himmel und strahlender Sonnenschein machte gute Laune und den Nacken warm. Der Markt war proppevoll, das Angebot war gut, die Preise angemessen bis günstig und der Spaßfaktor hoch. Es ist immer wieder beeindruckend, wie viele tolle neue alte Dinge es auf dem Markt zu entdecken gibt, stellenweise unverständlich, warum der Abverkauf einiger Räder so schwer ist. In der virtuellen Welt internationaler Konzernauktionshäuser bieten sich Interessenten die Finger wund, aber manch wahres Schätzchen auf dem Markt bekommt kaum Aufmerksamkeit und muss wieder mit dem Verkäufer den Heimweg antreten. Alle, die immer wieder über die Preise auf dem Markt der L’Eroica meckern, sollten sich den Weg nach Rommerskirchen gönnen, ein Eldorado der vergessenen Schätze zu fairen Preisen. Wobei wie überall auch hier Ausnahmen die Regel bestätigen, ein Umstand, der schon 2010 die Gemüter erhitzte. Manche Dinge ändern sich halt nie.

Fazit: Wir hatten wie immer Spaß. Und haben ein paar schöne ausgesuchte Teile für uns privat mitgenommen. Mal schauen, wann wir dazu kommen, daraus etwas zu bauen. Der Klappradsattel schmückt bereits jetzt unser Peugeot in der Mütze, Gruß nach Hannover. Und Grüße nach Bonn, wir müssen mal schauen, ob wir nicht gemeinsam was mit Klingeling, Kurt und uns auf die Beine stellen können. Ein gegenseitiger Besuch muss bald mal sein.

Also, liebe Klassikergemeinde, Zeit für die Vorfreude auf die Rennradbörse 2016.

Wir sehen uns.

Eure Klassikerbrigade

PS: Danke an Thomas für die Bilder vom Start.

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